Vintage-Lenses
Kreativ fotografieren mit alten Objektiven
Alte Objektive (Vintage-Lenses) erzeugen eine besondere Bildästhetik und zeigen Eigenschaften, die sich von modernen Objektiven unterscheiden. Bei alten Linsen führen bestimmte Abbildungsfehler zu Effekten, die den Bildern oft einen ganz speziellen Charakter verleihen. Die alten Schätzchen, die oft schon über 60 Jahre alt sind, lassen sich mit einem passenden Adapter an die heutigen DSLR- und DSLM-Kameras adaptieren. Allerdings handelt es sich um analoge Objektive, die keinen elektronischen Kontakt zur Kamera herstellen. Von daher sind vor dem ersten Einsatz einige Einstellungen nötig. Es gibt keinen Autofokus und das manuelle Scharfstellen kann bei einer 1.4er Blende zur echten Herausforderung werden. Aber trotz allem macht es Spaß, damit zu fotografieren und experimentieren, auch wenn es auf den ersten Blick etwas umständlich erscheint. Man fotografiert bewusster, indem man sich bei der Bildgestaltung mehr Zeit nimmt.
Glockenblume am Wegesrand – aufgenommen mit einem Rikenon 55mm/f1.4
Wunderbare Bokeh-Effekte
Der Begriff Bokeh (ボケ) kommt aus dem Japanischen und bedeutet unscharf oder verschwommen. Gemeint ist der Verlauf von Schärfe zu Unschärfe in einem Bild, sowie die Wirkung von Lichtern im Hintergrund. Die Art und Weise, wie ein Objektiv den unscharfen Hintergrund darstellt, hängt von der Vergütung der Gläser und Form und Anzahl der Blendenlamellen ab. Aber auch der Abstand zum Motiv, sowie Strukturen und Lichtpunkte im Hintergrund spielen eine Rolle. Der Bokeh-Effekt bei alten Gläsern kann individueller und reizvoller sein, als bei modernen Optiken. Zum Beispiel erscheinen bei einem „Seifenblasen-Bokeh“ (Bubble-Bokeh) die Lichtkreise mit einem schimmernden Rand. Ein „Swirly Bokeh“ (wirbelndes Bokeh) ist ein spezieller Effekt, bei dem die unscharfen Bereiche im Hintergrund nicht einfach nur verschwimmen, sondern eine wirbelnde, spiralförmige Textur annehmen, die an einen Strudel erinnert. Diesen einzigartigen Bild-Look erzeugen nur Vintage-Lenses.
Seifenblasen-Bokeh (Bubble-Bokeh) – erzeugt mit einem Trioplan 100mm/f2.8
Swirly-Bokeh (wirbelndes Bokeh) – erzeugt mit einem Helios 44-2 58mm/f2.0
Malerisches Bokeh – erzeugt mit einem Rikenon 55mm/f1.4
Sammelleidenschaft
Zu Recht kommt hier die Frage auf, warum man an eine moderne Kamera, die in der Regel knackscharfe Bilder liefert, ein uraltes Objektiv schraubt, das auch noch von Hand eingestellt werden muss?! Diese alten Linsen mit ihren optischen Fehlern und besonderen Charme machen die Fotografie abwechslungsreicher. Man ändert seine Sehgewohnheiten und verbringt mehr Zeit mit der Gestaltung eines Bildes. Dabei entstehen – meistens unter Verwendung der Offenblende – verträumte Bilder mit malerischem Bokeh oder Bilder wie „damals“ im Retro-Look, mit abfallender Schärfe und Vignettierung zum Rand hin. Dabei ist es auch nicht schlimm, wenn ein Motiv mal nicht ganz scharf abgebildet wird. Voraussetzung ist natürlich, dass man diesen Bildstil mag …und ich mag ihn sehr. ツ Deshalb haben sich in den letzten zwei Jahren einige dieser alten Schätzchen in meiner Vitrine angesammelt. Es handelt sich um besondere Optiken mit einer festen Brennweite, großer Offenblende und individuellen Charaktereigenschaften, wie zum Beispiel das Trioplan 100, Helios 44-2, Tessar (Adlerauge), Super Takumar oder ein Industar 61 L/Z, das ein Sternchen-Bokeh erzeugt. Außerdem gibt es auch noch eine funktionstüchtige, analoge Kamera – eine Praktica Nova mit eingelegtem Schwarzweiß-Film …und je nach Lust und Laune, kommen alle mal an die frische Luft. ツ
Praktica Nova von 1966 mit Draht-Fernauslöser